Stimmstörungen bei Erwachsenen

Stimmstörungen bei Erwachsenen können funktionelle oder organische Ursachen haben. Sie äußern sich in länger bestehender Heiserkeit (ohne akuten Infekt), eingeschränkter Belastbarkeit der Stimme, Schmerzen und/oder einem Fremdkörpergefühl im Kehlkopf.

Welche Stimmstörungen gibt es?

Organische Stimmstörungen

Als organische Stimmstörungen werden Erkrankungen bezeichnet, bei denen es zu einer organischen Veränderung im Bereich des Stimmapparates kommt (Knötchen, Entzündungen, Ödeme, Veränderungen durch Unfälle oder Operationen, Lähmungen oder Teilentfernungen der Stimmlippen – im schwerwiegendsten Fall Kehlkopfentfernungen – bei Kehlkopfkrebs). Die Stimme ist meist stark heiser und kann teilweise oder ganz ausbleiben, es kann zu Doppeltönigkeit kommen oder zu starker Behauchung, je nach Ursache und Ausmaß der Störung.

Funktionelle Stimmstörungen

Bei funktionellen Stimmstörungen ist keine organische Veränderung erkennbar, doch das Schwingungs- und Schließungsverhalten der Stimmlippen ist gestört. Funktionelle Stimmstörungen sind die häufigsten Stimmstörungen und kommen meist bei Berufssprechern (Lehrern, Erziehern, Call-Center-Mitarbeiter etc.) vor. Aufgrund von z. B. falschem oder ungünstigem Stimmgebrauch, durch ein eher „zartes“ Kehlkopfgerüst, durch Überlastung (zu viel und zu lautes Sprechen), Umweltbelastungen (Sprechen in zu trockenen Räumen, gefährliche Stäube – wie z.B. Kohle, Mehlstaub etc.), durch psychische Belastungen (Stress, Überlastung, Konflikte etc.) können Stimmstörungen entstehen. Werden funktionelle Stimmstörungen nicht behandelt, können sekundär organische Stimmstörungen (Knötchen) auftreten.
Funktionelle Stimmstörungen sind immer in Zusammenhang mit dem psychosozialen Umfeld und Faktoren der Persönlichkeit zu sehen.

Hyper- und hypofunktionelle Störung

Es wird zwischen hyper- und hypofunktionelle Störungen unterschieden:

Bei einer hyperfunktionellen Stimmstörung ist die Stimme heiser, rau, gepresst, angestrengt und ermüdet bei Belastung. Sie kann zu tief, aber auch zu hoch sein. Die Körperspannung ist meist erhöht (zumindest im Schulter-Nacken-Kiefer-Bereich), es besteht eine Hochatmung und beim Sprechen meist eine Schnappatmung.

Die hypofunktionelle Stimmstörung zeichnet sich durch eine heisere, schwache und behauchte Stimme aus. Die Artikulation ist meist undeutlich. Die Körperspannung ist unterspannt und die Atmung eher flach.
Es kann auch zu Mischformen von hyper- und hypofunktionellen Stimmstörungen kommen und bei längerem Bestehen kann sich sekundär aus einer hyperfunktionellen Störung eine hypofunktionelle entwickeln und umgekehrt.

Psychogene Stimmstörung

Eine psychogene Stimmstörung kann sich in ihrem Klangbild hyper- oder hypofunktionell äußern. Meist spiegelt sich der auffällig heisere und angestrengte bzw. kraftlose Klang der Stimme nicht demgemäß im ärztlichen Untersuchungsbefund. Ursache der Stimmveränderung sind psychische Probleme oder Störungen.

Stimmstörungen durch hormonelle Einflüsse
Durch hormonelle Einflüsse (Anabolika, Geschlechtshormone – z.B. bei einer Brustkrebsbehandlung oder bei Geschlechtsumwandlungen etc.) können Stimmstörungen entstehen, die meist Veränderungen der Stimmhöhe und der Leistungsfähigkeit der Stimme zur Folge haben, welche oft auch nach Absetzen der Substanzen weiter bestehen.

Mutationsstimmstörungen

Bei Jungen kann es nach der Abschluss der Pubertät zu Stimmstörungen kommen (Mutationsstimmstörungen: die hohe Kinderstimme wird beibehalten, obwohl die anatomischen Gegebenheiten für eine Männerstimme gegeben sind). Dabei wird nach organischen (Kehlkopffehlbildungen, hormonelle Störungen) und funktionellen Ursachen unterschieden. Die Stimme ist sehr hoch, bei stark eingeschränktem Stimmumfang und wird bei längerem Gebrauch heiser, rau, angestrengt und wenig belastbar.

Dysodie

Auch die Singstimme kann gestört sein (Dysodie). Hierbei kann es durch falsche Singtechnik oder Überforderung zu Einschränkungen der Leistungsfähigkeit und der Klangqualität kommen.

Rhinophonie

Wenn der Stimmklang nasal ist, sprich man von einer Rhinophonie. Hierbei wird unterschieden zwischen geschlossenem (zu geringe Nutzung des nasalen Klangraumes – „Stockschnupfen“) und offenem Näseln (übermäßige Nutzung des nasalen Klangraumes, da kein genügender Gaumensegelverschluss erfolgt – z.B. bei Lippen-Kiefer-Gaumenspalten). Hierbei treten in der Folge auch Veränderungen der Artikulation (Rhinolalien) auf.

Wie kann Stimmstörungen vorgebeugt werden?

Funktionellen Stimmstörungen und sekundären organischen Veränderungen (Knötchen) kann durch entsprechende stimmhygienische Maßnahmen (ausreichende Flüssigkeit, gutes Raumklima, Vermeiden von allergenen und belastenden Stoffen, kein aktives oder passives Rauchen etc.) und präventive Stimmübungen vorgebeugt werden.

Welche Hilfen bietet die Logopädie an?

Logopäden beraten über stimmhygienischen Maßnahmen und bieten Kurse und Seminare zur Vermeidung von Stimmstörungen insbesondere für Menschen in Sprechberufen an.


Bei auftretenden Stimmproblemen sollte unbedingt ein HNO-Arzt oder Phoniater (Facharzt für Stimmbeschwerden) aufgesucht werden. Der Arzt untersucht den Kehlkopf und das Hörvermögen und stellt ggf. ein Rezept für eine logopädische Behandlung aus. Die Logopädin führt eine Stimmuntersuchung durch und führt ein Anamnesegespräch, in dem der Beginn und der bisherige Verlauf der Stimmstörung sowie alle beeinflussenden Faktoren geklärt werden. Anschließend erläutert die Logopädin ihren Befund und erstellt einen Behandlungsplan Auf dieser Grundlage erfolgt die logopädische Therapie, in der Regel in Einzelbehandlungen.


Inhalte einer Stimmtherapie sind Übungen zur Verbesserung der Wahrnehmung, der Atmung, der Haltung, der Körperspannung und der mit der Stimme zusammenhängenden Artikulation sowie gezielte Stimmübungen. Ggf. erfolgen Beratungsgespräche über alle mit der Stimmstörung in Zusammenhang stehende Faktoren.
Ziel einer Stimmtherapie ist eine belastungsfähige Stimme mit der bestmöglichen Wiedererlangung und Stabilisierung optimaler stimmlicher Kommunikationsfähigkeit in Alltag und Beruf. Dies ist immer abhängig von Ausmaß und Ursache der Störung bzw. Grunderkrankung. Wichtig für den Therapieerfolg ist der ständige Transfer des Geübten in den Alltag.


Nach Ablauf der logopädischen Verordnung erfolgt erneut eine Untersuchung beim Facharzt, der dann in Absprache mit der Logopädin und auf der Grundlage des logopädischen Berichtes entscheidet, ob eine weitere Therapieeinheit erfolgen soll oder ob die Stimme ausreichend stabilisiert wurde und wieder belastungsfähig ist.
Heiserkeiten ohne akuten Infekt, die länger als 4 Wochen bestehen, müssen unbedingt ärztlich abgeklärt werden.